Angehörige des Flugzeugabsturz von Überlingen vom 1. Juli 2002 besuchen Brachenreuthe

Überlingen - Bedrückend ist die Stimmung bei den aus Ufa (Baschkortostan) angereisten Familienangehörigen der Opfer des Flugzeugunglücks über dem Bodensee vor zehn Jahren.

Am Morgen sind sie gegen 7 Uhr mit einer Sondermaschine auf dem Flughafen in Friedrichshafen gelandet. Und ihr Weg führt sie direkt zur Gedenkstätte nach Brachenreuthe, dorthin, wo ein Großteil der russischen Tupolew mit 69 Menschen an Bord, darunter 49 Kinder, auf einem Urlaubsflug nach Spanien am 1. Juli 2002 auf die Erde krachte. Kurz zuvor war sie mit einer DHL-Frachtmaschine zusammengestoßen. Jene schlug mit seinen beiden Piloten bei Owingens Ortsteil Taisersdorf auf.

Ein orthodoxer Geistlicher spricht kurz nach 11 Uhr ein Gebet an der Gedenktafel, auf der die Namen der Todesopfer des Unglücks aufgeschrieben sind. Ein russisches Fernsehteam dreht den Besuch der Opferangehörigen. Einige der Trauernden zünden Kerzen an, andere Suchen den Blick in Richtung Bodensee und hängen ihren Gedanken nach. Die Edelstahlkugeln der zerrissenen Perlenkette, die die Zerbrechlichkeit des menschlichen Lebens symbolisiert, ist ein begehrtes Fotomotiv. Den meisten ist nicht zum Reden zumute. Zu sehr drückt der Schmerz, der sie auch noch eine Dekade nach dem Absturz immer wieder heimsucht.

Mauwa Schakurowa ist eine der 155 Angehörigen, die aus Baschkortostan, anderen russischen Teilrepubliken und Weißrussland angereist sind. Die 82-Jährige hat bei der Katastrophe ihre beiden Enkel, Ruslan Uraslin und Karina Uraslina, verloren. An die beiden damals zehn- und elfjährigen Kinder denkt sie auch heute noch. „Jeden Tag weine ich schwer und verspüre sehr viel Trauer, jede Minute. Ich habe die beiden jeden Tag zur Schule gebracht“, lässt sie von Dolmetscherin Irina Kiefer aus Deggenhausertal übersetzen.

Die 82-Jährige ist noch rüstig, sie fühle sich gut, nur der Anstieg zur Gedenkstätte lasse sie aus der Puste geraten. Maura Schakurowa war schon bei der Gedenkfeier 2003 in Überlingen, jetzt hat sie den weiten Weg wieder auf sich genommen. „Ich spüre noch die Hände der Kinder. Ich freue mich, sie bald wiederzusehen“, sagt sie.

Während die 82-Jährige an der Gedenkstätte ihren Gedanken nachhängt, bringt die Feuerwehr Angehörige zurück, die sie zuvor an den Fundort ihrer Liebsten gebracht hat. Wenig später geht Mauwa Schakurowa mit den anderen wieder zu den beiden Reisebussen, die die Trauernden nach Brachenreuthe gebracht haben. Auch die Feuerwehr, die Polizei und das THW setzen sich in Bewegung. Um 15 Uhr wartet schließlich der Gottesdienst in Taisersdorf, und vorher geht es zumindest für die Angehörigen aus Osteuropa ins Hotel. Der Tag wird noch lang und trauervoll.

Das THW hat Tafeln angebracht, darauf sind die Namen in lateinischer und kyrillischer Schrift verzeichnet. An der Tafel von Tatjana Kuleschowa, wenige Meter von der Gedenkstätte entfernt sitzt ein Rabe. Er lässt sich auch von vorbeifahrenden Autos nicht vertreiben …

Quelle: Schwäbische Zeitung


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